Predigt 29.03.2020 - Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde

Ev.-luth. Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde
Hannover Badenstedt
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6. Sonntag der Passionszeit (Judika)

29. März 2020


Liebe Gemeinde,

die aktuelle Krise bestimmt unser aller Leben und verdrängt dabei die vielen anderen Krisen in der
Welt: Die Flüchtlingssituation an der türkisch-griechischen Grenze, den Bürgerkrieg in Syrien, die Kli-
makrise. Gegenüber der Gefahr vor unserer Haustür scheint das alles in weite Ferne gerückt.
Neben der Krise gibt es jedoch noch einen weiteren bestimmenden Faktor: die Hoffnung. Bleiben
wir zuhause aus Sorge vor Ansteckung oder aus Hoffnung, einen Beitrag zur Überwindung der Krise
zu leisten?

Ich denke wir blieben nicht in unseren Wohnungen, hätten wir nicht die Hoffnung, dadurch die Krise zu entschärfen. Das bestimmende Gefühl ist nicht die Resignation, keine Weltuntergangsstimmung, sondern die gemeinsame Hoffnung auf, der gemeinsame Glaube an Überwindung.
Das Problem mit der Hoffnung ist: Sie braucht Nahrung. Ein bisschen wie ein Feuer: Wenn man nichts nachlegt, geht’s irgendwann aus.
Wie ist es nun um meine Hoffnung nach fast zwei Wochen „social distancing“, also freiwilligem Verzicht
auf Sozialkontakte bestellt? Wie sieht es aus mit Hoffnung in der Krise?
Als das Volk Israel aus seiner Gefangenschaft zurückkehrte und vor den Trümmern seiner Hauptstadt
und seines Tempels stand, sprach der Prophet Jesaja:
Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt!
Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid …
Denn so spricht der Herr: Siehe, ich breite aus bei ihr den Frieden wie einen Strom und den
Reichtum der Völker wie einen überströmenden Bach ...
Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet; ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden.

Diese Bilder waren sicher Nahrung für die Hoffnung der Israeliten:
Versorgung und Trost, wie auf dem Arm einer Mutter.
Aber ein überfließender Strom des Friedens? Den hat Jerusalem bis heute nicht gesehen. Ist das also eine naive Hoffnung? Ein Warten ins Leere?
Was Jesaja da in Gottes Namen verspricht, ist zweiteilig: Frieden im Überfluss – der steht noch aus.
Aber ein Teil hat sich erfüllt: Das Volk ist wieder in seiner Heimat, Stadt und Tempel werden wieder
aufgebaut.
Jerusalem und der Tempel. Das können auch Symbole sein: Sie waren im alten Israel der Ort der Gegenwart Gottes schlechthin.
Jesaja verspricht also: Gott wird wieder wie früher mitten unter seinem Volk sein. Das Leid ist nicht
einfach weggewischt, aus der Stadt ist noch nicht der Ort ohne Tränen geworden. Aber Gott ist
mittendrin. Er vertröstet nicht auf eine andere Zeit, sondern ist mit seinem Trost jetzt da.
Ein Trost, der der Sorge begegnet.
Der dann kommt, wenn er gebraucht wird. Ein Trost, der sich einreiht in eine lange Geschichte
von Tröstungen, Rettungsgeschichten und Gotteserfahrungen. Und für die Israeliten waren es
diese Erfahrungen, das Wirken Gottes in ihrer Geschichte, die die Hoffnung auf das Vollkommene,
die Hoffnung auf den einmal überfließenden Frieden nährten.
Für uns Christen gehört Jesus Christus in diese Geschichte Gottes mit uns. Für uns ist Christus die
Person, bei der wir Trost erfahren und Hoffnung schöpfen. Er ist der jenige, der mitten in das Leid der
Welt gekommen ist, in unser Leid.
Jesus hat ebenfalls von diesem Friedensreich gesprochen. Von dem Ort ohne Leid und Tränen:
Das Leid wird überwunden. Der Tod behält nicht das letzte Wort.
Diese Hoffnung gibt mir Zuversicht, sie lässt mich nicht vor der Welt fliehen, sondern führt mich
zu ihr hin – sie gibt mir den Glauben, dass Welt und Menschen heil werden können.
Und sie wird zu einer Botschaft des Trostes für mich und andere, hier und heute. Wir können die Worte
Jesajas hören, als wären sie direkt zu uns gesprochen: Freut euch!
Freut euch an Jerusalem! Übertragen: Freut euch, dass Gott unter euch wohnt. Dass er euch bei aller
Sorge, bei allem Leid trösten wird wie eine Mutter. Und dass er eines Tages den Frieden, der heil macht,
zu uns lenkt, wie einen überfließenden Fluss. Für uns selbst. Für die Menschen. Und für diese Welt.

Amen.

Gebet

Guter Gott,

wir bitten dich in dieser weltweiten Krise:
Steh du den Erkrankten bei.
Gib den Ärzten und Krankenpflegern,
den Forschern und Helfern
Weisheit und täglich neue Kraft
in ihrem Einsatz für die Menschen.

Wir bitten dich auch für alle,
die ihren Berufen in der Versorgung weiter nachgehen
und sich täglich dem Kontakt mit anderen weiter aussetzen, den Erzie-
hern in Notbetreuungen,
den Kassierern in Supermärkten.
Stärke und bewahre sie.

Und für die,
die ihrem Beruf nicht länger nachgehen können, bitten wir:
Versorge sie weiter.
Gib den Politikern Entschlossenheit, schnell dort zu helfen, wo nun
Existenzen bedroht sind.

Wir bitten dich für die Menschen,
die von ganz anderen Nöten geplagt sind,
die auf der Flucht oder im Krieg um ihr Leben bangen.
Lass sie nicht in Vergessenheit geraten.
Sei du ihnen Trost
und lass uns in unserer eigenen Not nicht vergessen,
auch ihnen beizustehen und zu helfen.

Lass uns in diesen Tagen immer neu erfahren,
dass du bei uns bist.

Amen.
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