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Stein und Feder
Es ist Ende August. Ich sitze zu Hause am Schreibtisch. Draußen sind es 30 Grad und der Redaktionsschluss für den Gemeindebrief von Oktober bis November sitzt mir im Nacken.
Einen Text über unser Krippenspiel habe ich geschrieben, denn bald ist ja Weihnachten. Aber erst kommt Erntedank. Dank für die Ernte. Das Wetter ist entscheidend für die Ernte. Regnen muss es – zu nass darf es aber auch nicht sein. Und ist es im Frühjahr kalt, dann wird der Spargel wieder teuer.
Die Zeiten, in denen man sich über heiße Tage ausschließlich freut, die sind vorbei. Oder liegt das nur am zunehmenden Alter? Nein! Das Alter ist es nicht. In meiner Konfi-Gruppe haben wir ein Ritual, „Stein und Feder“. Jede Person nimmt einen Stein und eine Feder in die Hand. Reihum wird berichtet.
Wie geht es dir?
Was hat dich in der vergangenen Woche beschäftigt?
Was bedrückt dich, wiegt schwer wie ein Stein?
Was macht dich leicht und beschwingt wie eine Feder?
Gestern war es auch schon so warm wie heute. Das war für viele in der Gruppe der Stein. Hitzefrei war die Feder.
Eine andere Feder: Erbrachte Leistungen. Das gewonnene Fußballturnier, die gute Note in der letzten Klassenarbeit. Die Wärme lässt meine Gedanken schweifen.
Vor einigen Jahren war ich mit einer Reisegruppe für fünf Tage in der Sahara wandern.
Was das damit zu tun hat? Da war es auch warm. Sehr sogar. Das Wetter hat auch dort eine Rolle gespielt. Es war trocken, aber dann hat’s geregnet, dann war es nass.
Wenige Stunden danach haben die Blumen geblüht. Ein gefundenes Fressen für die Kamele. Für uns Menschen aber giftig.
Uns haben die Berber, die die Reisegruppe begleitet haben, Brot im Lagerfeuer im Wüstensand gebacken. Unser tägliches Brot gib uns heute.
Die fünf Tage liefen alle gleich ab: Essen ‒ Wandern – Schlafen. Viel mehr brauchte es nicht.
Und dann stand ich da im Wüstensand und habe eine Muschel gefunden. Irgendwann war hier mal ein Meer. Mit einer versteinerten Muschel in der Hand schaute ich in die Weite. Sand und Himmel, soweit das Auge reichte. Da fühlte ich mich federleicht und von Dankbarkeit erfüllt. Es kann erleichternd sein festzustellen, dass man in all dem Rummel des Weltgeschehens eine ganz kleine Nummer ist. Meine Existenz ist im Großen und Ganzen betrachtet doch nur ein kurzer Augenblick ‒ ein Augenzwinkern im Zeitgeschehen. Und doch nicht unbemerkt, sondern gewollt und geplant von dem, der da ist und der da war und der da kommt.
Ist doch schön!
Ein Grund für mich, dankbar zu sein.
Und was ist Ihre Feder?
Diakonin Anne-Katrin Marmann
Foto: Marmann