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Neuanfang
Im Frühling stehen alle Zeichen auf Neuanfang. Dieses Jahr ganz besonders, denn wer weiß, wohin es uns als Gesellschaft in diesen turbulenten Zeiten trägt? Auch auf persönlicher Ebene sind Neuanfänge mit Unsicherheiten, aber auch mit Hoffnung und (Vor-)Freude verbunden. Wir haben auf den nächsten Seiten einige Erfahrungsberichte zusammengetragen.

Wir zogen Ende November nach Badenstedt um. Es war ein ziemliches Abenteuer, denn wir transportierten etwa 150 Umzugskartons und viele Möbel in zwei LKW.
Der Umzug war nicht nur anstrengend für Beine und Rücken, er war auch eine emotionale Reise. Es war ein bittersüßer Abschied von der Vergangenheit und eine Aufregung vor dem Neubeginn.
Wir standen vor dem Dilemma, was wir behalten und was wir wegwerfen sollten. Wir mussten auch überlegen, was wir neu kaufen mussten: neue Gardinen, neuer Kleiderschrank. Und wir gönnten uns sogar eine neue Küche.
Zu unserer Überraschung begrüßten uns unsere neuen Nachbarn mit einer Flasche Wein und der Kirchenvorstand brachte Brot und Salz. Diese Freundlichkeit war unerwartet und herzerwärmend. Mit Rückenschmerzen, erschöpft und voller Aufregung hinsichtlich der Zukunft schliefen wir an diesem Abend in unserem neuen Zuhause ein.
Martyna Pieczka u. Leonardo Gonzalez
Foto: Pieczka

Ich bin Musikerin und begann kürzlich im Bremer Raum einen neuen Beruf als Therapeutin.
Mit Gefühlen gehe ich in beiden Berufen um, neu war die direkte Resonanz: gleich zu sehen, wie meine Arbeit auf Menschen wirkte.
Ich entdeckte aber zu meiner Überraschung mehr Gemeinsamkeiten beider Berufsfelder. Zum Beispiel empfange ich zuerst (einen Song) und sende dann etwas aus ( ich produziere ihn und gebe ihn in die Welt). Und ich empfange die Verfassung meiner Klient*Innen und sende daraufhin Impulse zur Heilung aus. Das fand ich schön und es hat mich angenehm überrascht.
Henrike Krügener
Foto: pixabay
Rückkehr in den Job
Vor einigen Monaten kehrte ich nach drei Jahren Elternzeit an meinen Arbeitsplatz zurück. Obwohl ich zunächst mit reduzierter Stundenzahl weitermachte, war es für mich eine große Umstellung. Die Herausforderungen des Alltags sind nicht weniger geworden und so ist der Job bisweilen eine extra Belastung, die mich über das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie nachdenken lässt.
Doch meine Kolleginnen und Kollegen, von denen einige während meiner Abwesenheit dazugekommen waren und unser Team vergrößert hatten, hießen mich herzlich willkommen und erleichterten mir damit den Neuanfang. Ich fand schnell wieder in die alten Arbeitsabläufe und Begrifflichkeiten hinein und ich war froh, auf vertrautes Terrain zurückzukehren.
Das tue ich nun, wenn das Wetter es zulässt, regelmäßig mit dem Fahrrad und bekomme gleich ein wenig Bewegung.
Mein Büro ist inzwischen geschmückt mit der Kunst meiner Kinder und ist dadurch viel gemütlicher geworden. Ganz habe ich mich aber immer noch nicht an meinen
neuen Alltag gewöhnt.
Britta Füllgrabe
Neues Familienglück
Im November wurde ich zum zweiten Mal Mutter. Unsere Vorfreude auf das neue Familienmitglied war groß. Gleichzeitig sorgte ich mich aber auch, wie die Geburt und
die erste gemeinsame Zeit wohl verlaufen würden.
Unser erstes Kind kam unter Coronabedingungen einige Wochen zu früh zur Welt, so dass eine engmaschige Behandlung bzw. Kontrolle erforderlich war. Diese Zeit war herausfordernd und emotional: zum einen war da die Sorge, zum anderen konnte mein Partner nicht so unterstützen, wie er es gern getan hätte, da Besuche oder Terminbegleitungen pandemiebedingt nicht möglich waren. Zusammen mit der überwältigenden Veränderung, zum ersten Mal Mutter zu werden, führte all das dazu, dass ich zu wenig auf mich Acht gab, stark an Gewicht verlor und mich in meinem Handeln oft sehr unsicher fühlte.
Bei der Geburt unserer Tochter war alles ganz anders: Zu unserer Überraschung kam sie genau am errechneten Termin und mein Partner konnte mich dieses Mal begleiten. Die Atmosphäre war unerwartet entspannt und es gab keinen Anlass zur Sorge. Das setzte enorm viel positive Energie frei und stärkte letztlich auch mein Vertrauen, den neuen Familienalltag mit zwei Kindern gut bewältigen zu können. Für diese neue Erfahrung bin ich sehr dankbar.
Die Liebe ist nun für zwei Kinder da. Es ist herzerwärmend, zu beobachten, wie – neben uns als Eltern – auch der stolze große Bruder seine Schwester bestaunt. Er
beobachtet genau, wie wir mit ihr umgehen und versucht, ihre Bedürfnisse zu erkennen. „Mama, ich glaube, sie hat Hunger“, sagt er dann. Auch im Kindergarten klärt er die anderen Kinder und die Erzieher:innen darüber auf, dass seine Schwester noch nicht sprechen kann und man die Babyschale nicht zu stark schaukeln darf. Und wenn er sich, genau wie wir, über seine Schwester beugt und sagt: „Na, du kleine Motte, schenkst du mir ein Lächeln?“, spüre ich das, was man wohl Familienglück nennt.
Christina
Mein Sohn im Kindergarten

Genauer: von einer Krippengruppe aus zwölf in eine Kita mit 160 Kindern und offenem Konzept. Für ihn ein Kulturschock.„Da sind zu viele Kinder“, begründete er, dass er dort nicht mehr hin wollte. Keiner seiner Freunde aus der Krippe war mit ihm in diese Einrichtung gewechselt.
Die Eingewöhnung wollte nicht vorangehen. Während die anderen Neulinge bereits für einige Stunden ihre Mamas verabschiedeten und neugierig durch die Räumlichkeiten streiften, klebte mein Sohn immer noch an meinen Beinen. Nach zwei Wochen musste ich wieder arbeiten und mein Mann übernahm. Für mich eine Erleichterung, vor allem emotional. Die bisher versuchten kurzen Trennungen hatten nur zu noch mehr Klammern geführt und meine Angst, es könne am Ende gar nicht klappen, nahm mir jede Gelassenheit, die es gebraucht hätte, um meinem Sohn die nötige Sicherheit zu vermitteln,. Was half, waren Gespräche mit einer anderen Mutter aus der Krippe, bei deren Sohn es ähnlich schwierig lief.
Auch mit den Erzieherinnen tauschten mein Mann und ich uns regelmäßig aus. Es war gut, unsere Bedenken offen anzusprechen und mit ihnen gemeinsam zu überlegen, wie es weitergehen könnte. Denn nicht nur unser Sohn, auch wir mussten erst lernen, der neuen Einrichtung zu vertrauen und uns auf die Professionalität der Erzieherinnen zu verlassen, die einfühlsam auf unseren Sohn eingingen und uns Mut machten.
Nach zwei Monaten war es geschafft und unser Sohn konnte nun bis zum Nachmittag bleiben. Auf einmal hörten wir sogar von ihm, dass er sich auf die Kita freue. Eine große Erleichterung.
Britta Füllgrabe
Foto:Füllgrabe